Landesverband Epilepsie Bayern e.V.

Ja, ich habe lernen müssen, auf meinen Körper und seine Grenzen zu achten

Ja, ich habe lernen müssen, auf meinen Körper und seine Grenzen zu achten

Als ich 6 Jahre alt war, wurde bei mir die Diagnose Diabetes gestellt. Ich war als Jugendlicher nicht gerade der "braveste Bua", wie man so sagt, das war bestimmt oft heftig. Mit 18 Jahren kam die Epilepsie dazu und bis heute ist es oft schwierig, zwischen diabetischer Episode und Anfall zu unterscheiden.

In den letzten Jahren habe ich medizinisch mit sehr vielen schwierigen Situationen kämpfen müssen: wochenlange Klinikaufenthalte, pessimistische Aussagen von Ärzten, die mir wenig Therapieoptionen anbieten konnten, enttäuschte Hoffnungen auf Besserung. Persönlich habe ich oft ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Ärzten. Viele Begegnungen auf Augenhöhe und echte Anteilnahme habe ich erfahren dürfen.

Es war kein leichter Weg zu akzeptieren, dass es beruflich zumindest zurzeit keine Perspektive gibt. Ich habe die Ausbildung zum Bürokaufmann in einer begleiteten Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Eine Lehrerin hat mich während dieser Zeit sehr unterstützt. Trotz wiederholter Versuche, ist es nicht gelungen, in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis zu kommen. Immer wieder haben mir die Anfälle einen Streich gespielt. Zum einen ist die Außenwelt oft erschreckt über die Anfälle, es gab Unsicherheiten, wie zu reagieren ist. Auf der anderen Seite gab es natürlich tatsächlich Probleme durch ein vermindertes Leistungsniveau und Fehlzeiten.

Die Erkrankungen haben mich immer wieder ausgebremst, auch privat. Ich bin ein sehr geselliger Mensch. Es wird mir häufig bestätigt, dass ich gute Laune und Spaß in eine Runde bringe, dass ich sehr hilfsbereit bin. Auch schwierige Kinder mögen mich in der Regel sehr schnell. Umso schmerzlicher war es, nicht mehr teilnehmen zu können, zum Beispiel beim Faustball, wo ich viele Jahre gut in die Mannschaft integriert war.

Ja, ich habe lernen müssen, auf meinen Körper und seine Grenzen zu achten. Was andere denken, da muss man irgendwann drüber stehen. Die Bereitschaft, Menschen zu akzeptieren, die nicht mehr voll leistungsfähig sind, ist in unserer Gesellschaft oft nicht groß, das habe ich immer wieder bitter erleben müssen. Die Urteile und Erwartungen der Außenwelt sind einfach oft nicht richtig. Jetzt versuche ich, trotz aller Einschränkungen aus jedem Tag das Beste zu machen und nicht den Spaß am Leben zu verlieren.

Was mich dauerhaft getragen hat? Auf jeden Fall meine Familie. Mein Vater ist schon gestorben, als ich 14 Jahre alt war. Er war zweiter Bürgermeister im Ort, ich habe viel von ihm gelernt, gerade im Umgang mit Menschen. Zu meiner Patentante hatte ich ein ganz besonderes Verhältnis, sie war eine wichtige Gesprächspartnerin für mich. Meine Mutter und meine Schwester sind ganz zuverlässig für mich da. Das ist ein großes Glück, ich bin nicht allein. Vor eineinhalb Jahren wurde meine kleine Nichte Leonie geboren und das ist eine riesige Freude! Es macht so viel Spaß, mit ihr zu sein und ich werde für die Betreuung von ihr sehr oft gebraucht.

Patrick, Betroffener, 36 Jahre