Landesverband Epilepsie Bayern e.V.

Zusammenhalt und Krisen in Zeiten der Krankheit

Zusammenhalt und Krisen in Zeiten der Krankheit

Meinen ersten Anfall hatte ich mit 6 Jahren im Zusammenhang mit Fieber. Bis zum 12. Lebensjahr traten dann immer wieder kleine Anfälle und Absencen auf. Meine Eltern haben sich nie etwas anmerken lassen, dass sie sich vielleicht Sorgen gemacht haben. Sie und eine meiner beiden Omas haben mich sehr gestärkt. Sie haben mir gelernt, mit der Erkrankung offen umzugehen. Es gab schon dumme Bemerkungen. Das war im Anfang wirklich blöd. Aber meine Eltern haben mir vermittelt: Lass sie schwätzen, warum verheimlichen. So habe ich diese Einstellung übernommen.

Vom 12. bis zum 17. Lebensjahr war ich dann dank einer passenden medikamentösen Einstellung anfallsfrei. Mein Mann und ich wollten früh Kinder. Ich war mit 17 Jahren schwanger und da kamen die Anfälle wieder. Irgendwie gibt es bei mir einen Zusammenhang zwischen den Hormonen und den Anfällen. Auch in den Zeiten von Periode und Eisprung haben sich oft Anfälle eingestellt. Seit dem zweiten Kind hatte ich auch große Anfälle, vor allem nachts.

Vor ein paar Jahren ging es mir durch eine neurologisch angeordnete Überdosierung meiner Epilepsiemedikamente sehr, sehr schlecht, auch besonders psychisch. Das war eine ganz schlimme Zeit mit wochenlangen Klinikaufenthalten, bis die Medikamente dann wieder passend eingestellt waren. Das möchte ich nicht mehr erleben und ich war sehr zufrieden, als sich die Situation wieder stabilisiert hat.

Aber nicht nur die Erkrankung hat in meinem Leben Krisen ausgelöst. Aktuell muss ich die Trennung von meinem Mann verarbeiten. Nach 40 Jahren Ehe und dem gemeinsamen Erleben von vielen Höhen und Tiefen, tut das sehr weh. Dass manches innen schwieriger war als es nach außen schien, das habe ich lange ausgehalten. Aber es gibt Grenzen und nun kein Zurück mehr. Mit dem Kopf ist die Sache klar, aber der Körper und die Psyche brauchen länger. Ich habe stark abgenommen seit er im Juli des vergangenen Jahres ausgezogen ist. Und noch etwas ist schon sehr auffällig und kaum erklärbar: Mein Anfallskalender sagt mir, dass ich im Jahr vor seinem Auszug 33 Anfälle hatte, hingegen im Jahr nach dem Auszug nur noch 2 Anfälle und das bei gleicher Medikation!

Hoffentlich hilft mir die Reha, die ich bald antreten kann, alles zu verarbeiten und neue Kraft zu gewinnen.

Ich bin froh, dass ich einen guten Kontakt zu meinen Kindern und Enkeln, wie auch zu meinen Eltern habe. Schwierig für mich war es damals, als mein Sohn mit seiner Familie weggezogen ist aus dem Dorf, wo doch eigentlich das Haus für die Jungen vorgesehen war. Inzwischen haben sich die Wogen geglättet. Wir helfen uns in der Familie gerne aus.

Ich bin mit meiner frühen Entscheidung, ganz Hausfrau und Mutter zu sein, immer zufrieden gewesen. Dadurch haben sich auch in Bezug auf die schwankenden Befindlichkeiten durch die Erkrankung keine großen Probleme ergeben. Ich konnte mein Leben ein wenig danach anpassen. Es war mir nie langweilig in Haus und Garten. Ich beschäftige mit sehr gern mit Handarbeiten, besonders mit Stricken. Das hilft mir auch sehr gut, nicht auf grüblerische Gedanken zu kommen. Ich höre gerne Musik. Wichtig ist mir der regelmäßige Schlafrhythmus, meist von halb zwölf bis acht Uhr.

Ich habe krankheitsbedingt gelernt, dass es manchmal gut ist, begleitende Hilfen anzunehmen, was auch für andere Lebenskrisen gut sein kann, zum Beispiel Familienberatung. Auch mit meiner Freundin bin ich in engem Kontakt. Die Gruppe für Epilepsiebetroffene tut mir richtig gut.

Heidi, Betroffene, 57 Jahre